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Stadt rechtfertigt sich

Gesperrte Nibelungenbrücke: Keine Ausnahme für Pflegedienste

Die Stadt könnte zwar eine Durchfahrt für Pflegedienste durch die anstehende Baustelle auf der Nibelungenbrücke gewähren, aber dort hält man das nicht für sinnvoll.

Bei den halbseitigen Sperrungen der Nibelungenbrücke müssen auch ambulante Pflegendienste auf die Umleitungsstrecke ausweichen. Grafik: Stadt Regensburg

Die Stadt könnte, wenn sie wollte – aber sie will nicht. Die Rede ist von einer Durchfahrt für mobile Pflegedienste über die anstehende Baustelle auf der Nibelungenbrücke. Wie berichtet, wird die wichtigste Nord-Süd-Verbindung für den Verkehr in Regensburg ab kommendem Montag wegen Sanierungsarbeiten zunächst zwei Wochen stadtauswärts, dann weitere zwei Wochen stadteinwärts für den motorisierten Individualverkehr gesperrt.

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Ausnahmen gibt es lediglich für Einsatzfahrzeuge und den ÖPNV – Linienbusse. Und dabei bleibt es auch – trotz massiver Kritik eines Netzwerks von mobilen Pflegediensten, die sich am gestrigen Montag zu Wort gemeldet und vor „massiven Einschränkungen“ ihrer Arbeit gewarnt haben. Man hätte auf eine „unbürokratische Lösung“ durch die Stadtverwaltung gehofft, so die Betreiber von sechs Pflegediensten, darunter auch die Caritas.

Pflegedienste sind keine Träger öffentlicher Belange

Doch diese Hoffnung war vergeblich. „Seit September 2022 haben wiederholt Verkehrsbesprechungen zwischen den zuständigen städtischen Fachämtern und den sogenannten ‘Trägern öffentlicher Belange’ (…) stattgefunden“, teilt die Stadt mit. Und zu diesen Trägern öffentlicher Belange zählten zwar Polizei, Linienbusse, Feuerwehr oder Krankenwagen, aber eben keine ambulanten Pflegedienste.

Zwar sei sich die Stadt der „Bedeutung und Leistung“ dieser Pflegedienste bewusst, dennoch würden diese zum Individualverkehr zählen und hätten im Gegensatz zu „Blaulicht-Fahrzeugen“ gemäß der Straßenverkehrsordnung keine Sonderrechte. Diese Einordnung von Pflegediensten nähmen auch nicht die Kommunen vor, heißt es weiter. „Vielmehr handelt es sich hierbei um rechtliche Bewertungen durch den Gesetzgeber.“

Nach Abwägung: Keine Ausnahme für Pflegedienste

Erst auf Nachfrage rückt die Pressestelle damit heraus, dass die Stadt ungeachtet dieser „rechtlichen Bewertung durch den Gesetzgeber“ selbstverständlich die Möglichkeit hätte, Durchfahrtsrechte für mobile Pflegedienste einzuräumen. Die Pressestelle gibt aber zu bedenken:

„Doch welche Differenzierung nach welchen Berufsgruppen nimmt man im Hinblick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz vor? Und wie viel Verkehr verträgt eine Baustelle, um die Maßnahme so zügig wie möglich für alle abzuschließen? Wie kann man eine erhöhte Anzahl an Ausnahmen zur Einfahrt in eine Baustelle kontrollieren?“

All das habe man abgewogen und entschieden, wie man entschieden habe, sprich: Die Pflegedienste müssen sich mit der längeren Umleitungsstrecke begnügen.

„Nicht wirklich ein Bewusstsein dafür, was ambulante Pflege eigentlich bedeutet“

Bernhard Babic, Geschäftsführer der Regensburger Ambulante und Stationäre Dienste GmbH (RAD) und einer der Sprecher des Netzwerks, zeigt sich von dieser Haltung der Stadt bitter enttäuscht. „Offenbar gibt es nicht wirklich ein Bewusstsein dafür, was ambulante Pflege eigentlich bedeutet.“

Bereits in der gestern verschickten Pressemitteilung hatte das frisch gegründete Netzwerk darauf hingewiesen, dass beispielsweise für die Anfahrt zu einem Patienten lediglich eine Pauschale von 5,12 Euro erstattet wird. „Sobald eine Anfahrt länger als fünf bis sechs Minuten dauert, drohen angesichts der gedeckelten und häufig zu geringen Entgelte der Pflege- und Krankenkassen erhebliche Defizite.“

Pflegenetzwerk will sich weiter treffen

Am Ende würden unter der „zunehmend prekärer werdenden Verkehrssituation in Regensburg“ irgendwann die Pflegebedürftigen und deren Angehörige zu leiden haben. „Die Nachfrage ist riesig und das Angebot überschaubar“, sagt Babic. Wenn dann eine Wohnlage schlecht erreichbar und damit nicht lukrativ, vielleicht sogar ein Draufzahlgeschäft sei, werde es schwierig bis unmöglich, einen Pflegedienst zu finden, der das übernehme.

Einen positiven Aspekt kann Babic der aktuellen Diskussion aber doch abgewinnen: Das „Ambulante Pflegenetzwerk Regensburg“ soll keine Eintagsfliege bleiben. Man werde sich zusammensetzen, um den gemeinsamen Anliegen und Problemen Nachdruck zu verleihen. Auch die Stadt Regensburg sei trotz der aktuellen Enttäuschung dazu auf jeden Fall eingeladen. „Denn ohne eine konstruktive Zusammenarbeit wird es irgendwann schwierig.“

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Kommentare (19)

  • Mark

    |

    Nun, die Problematik ist nicht neu, hat aber bislang bei der Stadtverwaltung Regensburg keinen interessiert. Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass bei Veranstaltungen Strassen gesperrt wurden, aber den Pflegediensten und vor allem auch “Essen auf Rädern” keine Durchfahrt gewährt worden ist. Ich habe dann einen verzweifelten Anruf bekommen, der Lieferant des Essens stehe an der Strassensperre, die Weiterfahrt wird von der Polizei nicht erlaubt, da es keine Ausnahmen für soziale Dienste geben würde. Der gesamte Stadtteil könne deshalb den ganzen Tag weder durch Pflegedienste, noch von “Essen auf Rädern” angefahren werden, einen zweiten Anfahrtsweg gab es nicht. Auf die Frage, wie denn dann die Pflegebedürftigen mit dem Essen versorgt werden sollen, bekam der Fahrer von den Polizeibeamten nur ein Schulterzucken. Eine Anfrage bei der Stadtverwaltung blieb unbeantwortet.

  • Paul

    |

    Hallo und guten Tag….

    Zitat “Wer Lösung will, sucht Wege –

    wer sie nicht will, sucht Begründungen.”

    Allerdings hat die Stadt ja auch eine vorgesetzte Dienststelle, wie heisst die den….
    achja die Regierung der Oberpfalz..!

    Was die wohl dazu sagt….?

  • Laura

    |

    Das ist doch wieder typisch… und eigentlich traurig zugleich! Der unsichtbare Beruf: Alten und Krankenpflege….Die Gesellschaft interessiert sich nicht für soziale Dienste u.a. ambulante Pflege,weil keiner weiß,was wirklich, täglich aufs neue geleistet wird! Wenn wir nicht kommen, kann schnell ein Notfall draus werden….dann kann der Notarzt den schnellen Weg nehmen 👍… über die Nibelungenbrücke. Ich könnte jetzt ein paar Beispiele nennen, dann könnte man sich überlegen ob es “ sinnvoll ” ist, Pflegekräfte zeitnah zum Patienten fahren zu lassen. In Corona Zeiten haben sich die Menschen mit Kerzen versammelt oder am Fenster geklatscht, für die Pflegekräfte…. Warum eigentlich? Weil die Gesellschaft selber nichts damit zu tun haben wollte, wir sollten durchhalten, da waren wir fast mal sichtbar….und nun?…. zumindest hat man von uns gesprochen, es hat sich nichts geändert…außer das noch mehr Pflegekräfte die Pflege verlassen haben. Man sieht ja, welchen Stellenwert wir und unsere Patienten noch immer in der Gesellschaft haben…. einen sehr geringen….weil sich, solange man nicht selbst betroffen ist, niemand damit beschäftigt bzw. beschäftigen will. Es wird die Notwendigkeit einfach nicht erkannt!!! Ich drücke allen Pflegebedürftigen und deren Angehörigen in den betroffenen Stadtteilen die Daumen, daß Sie noch angefahren und versorgt werden können …denn auch der Pflegedienst und die anderen soziale Dienste wie ” Essen auf Rädern” müssen “überleben” können.

  • Hthik

    |

    Mark 26. Juli 2023 um 06:56

    “Auf die Frage, wie denn dann die Pflegebedürftigen mit dem Essen versorgt werden sollen, bekam der Fahrer von den Polizeibeamten nur ein Schulterzucken. Eine Anfrage bei der Stadtverwaltung blieb unbeantwortet.”

    Die sind auch nicht die zuständigen Ideenlieferanten für den freien unternehmerischen Geist. Sondern etwa EY.

    Aber da ich heute die Spendierhosen anhabe und mal so eben auf ein paar Riesen verzichte: Hingehen. Der Fahrer kümmert sich um das Fahrzeug.

  • Hthik

    |

    @Laura 26. Juli 2023 um 15:24

    “Ich drücke allen Pflegebedürftigen und deren Angehörigen in den betroffenen Stadtteilen die Daumen, daß Sie noch angefahren und versorgt werden können”

    Die haben einen Anspruch darauf. Wer einen Vertrag nicht erfüllt (z.B. wie vereinbart rechtzeitig ein Dach deckt) ist für etwaige Folgen schadensersatzpflicht (den Wasserschaden, weil es zwischenzeitlich reingeregnet hat).

  • Dr. Bernhard Babic

    |

    Sehr geehrte(r) Hthik,

    es ist nicht verwerflich, sich mit Ambulanter Pflege und den dort herrschenden Gegebenheiten nicht näher auszukennen. Aber vielleicht sollten Sie den offenkundigen Mangel an Information nicht nur mit Vorurteilen bzw. – bitte entschuldigen Sie die Formulierung – krude zusammengereimten Zeug kompensieren.

    Wenn Sie sich einen qualifizierten und differenzierten Eindruck von unserem Arbeitsbereich verschaffen wollen, sind Sie herzlich eingeladen, bei uns vorbeizukommen. Ich nehme mir gerne die Zeit, Ihnen die Dinge im Detail auseinanderzusetzen.

    Mit freundlichen Grüßen,
    Bernhard Babic

  • Hthik

    |

    @Dr. Bernhard Babic 26. Juli 2023 um 17:58

    Wer statt was Konkretes zu schreiben, lieber Andeutungen verbreitet, darf hier auch das. Ein liberales Forum eben.

  • Ganghofer Siedler

    |

    Die Sanierung Kumpfmühler Brücke und Niebelungenbrücke ist nicht sonderlich durchdacht.

    Ich wohne im Süden und muss in den Norden bin Regensburg in die Arbeit. Ich fahre mit meinem 50ccm Roller mit 45km/h. Ich soll den Odessa Ring nutzen, wo es keine Mindestgeschwindigkeit, wie auf der Autobahn 60km/h es gibt, aber eine Begrenzung von 80km/h, so dass ich den Odessa Ring meide als Verkehrsteilnehmer mit einem Roller.

    Dennoch hoffe ich, dass es zu keinen Verzögerungen kommt bei den Maßnahmen. Es muss ja auch durchgeführt und saniert werden.

    Meine Frage und Antwort an die Stadt Regensburg:

    Fragestellung:

    Sehr geehrte Damen und Herren,

    Ich fahre in meine Arbeit Nähe Haselbach mit meinem 50 ccm Roller.
    Die Sperrungen und Ausweichmöglichkeiten bezüglich Sperrung der Kumpfmühler Brücker und Niebelungenbrücke über den Odessa Ring, wo ich definitiv den Verkehr stark behindere mit 45km/h statt 80 km/h, möchte ich bitte wissen, wie das gedacht ist mit meinem Fahrzeug.

    Rein logisch bleibt mir nur noch die illegale Querung am Andreas Stadl samt falscher Fahrt am Kolpinghaus vorbei.

    Antwort:

    letztendlich werden Sie sich nur nach StVO verhalten können.

    Somit wird eine illegale Querung entfallen.
    Ob Sie über den Radweg über die Nibelungenbrücke dürfen entzieht sich meinen Kenntnisstand um ehrlich zu sein (ich vermute aber nicht mit 45 km/h bzw. 50 ccm Roller)

    Somit wird nur die Umleitungsstrecke bleiben. Meines Wissens gibt es keine Mindestgeschwindigkeit am Odessa Ring wie bei z.B. Bundesautobahnen mit 60 km/h

    Für Verkehrsbehinderungen bittet die Stadt um Verständnis.

  • Ist hier noch eine Bürgermeisterin?

    |

    Bedrückend.

  • wale

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    Hallo Siedler,
    mit meinem 45er Elektroroller fahre ich oft über den Odessa Ring und habe keine Probleme, da die Spuren breit genug zum übeholen sind. Die paar Meter über den Eisernen Steg kann man ggf auch schieben, das ist absolut legal. Auf dem Radweg der Niebelungenbrücke darf man mit Mofas (also 25er Roller) fahren. Also einfach langsam und rücksichtsvoll gegenüber Radlern “Mofaroller” spielen und niemand beschwert sich (ist auch jetzt schon eine gute Maßnahme gegen den Rückstau der 30er Zone mit vorgesetzter Ampel. Fazit: mit nem kleinen Roller kommt man wirklich immer super durch Regensburg, es ist schlichtweg ein absolut geniales Altstadtfahrzeug. (…und die paar Meter am Kolpinghaus schiebe ich auch einfach) Mit einem 60Liter Koffer lässt sich sogar Essen ausliefern.

  • Hthik

    |

    @Paul 26. Juli 2023 um 14:28

    “Was die wohl dazu sagt….?”

    Das wird sie auf Anfrage vermutlich sagen, denn

    “Jedermann hat das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen schriftlich mit Bitten oder Beschwerden an die zuständigen Stellen und an die Volksvertretung zu wenden.”

    Art 17 GG

    “1. Das Grundrecht des Art. 17 GG verleiht demjenigen, der eine zulässige Petition einreicht, ein Recht darauf, daß die angegangene Stelle die Eingabe nicht nur entgegennimmt, sondern auch sachlich prüft und dem Petenten zum mindesten die Art der Erledigung schriftlich mitteilt.”

    1 BvR 162/51 vom 22.04.1953

    Eine Begründung allerdings ist optional. Beispielsweise “Wir werden da nix tun.” ist ein ausreichende Antwort, da völlig klar ist, wie die Sache erledigt wurde.

  • Oleg

    |

    Gut, prinzipiell verstehe ich die Stadt. Die Pflegedienste sind vor dem Gesetz auch nur Dienstleister wie Handwerker, Paketdienste, Pizzaboten usw.
    Die könnte man dann rein gesetzlich auch nicht an der Durchfahrt behindern, wenn es schon eine Ausnahme gibt.

    Allgemein sollte man sich als Stadt halt auch einmal Gedanken über die völlig unterdimensionierte Streckenführung ohne wirkliche Ausweichmöglichkeiten machen.

    Gibts an einem Knotenpunkt (und das sind viele) auch nur ein wenig Verkehrsbehinderungen steht die ganze Stadt samt Umland und Durchreiseverkehr…..

  • Pflegewissenschaft

    |

    @Oleg: ganz so einfach ist es nicht, Pflegeunternehmen einfach mit sonstigen Unternehmen (Handwerker etc.) gleichzusetzen. Wenn Pflegedienste Menschen mit Pflegebedarf “anfahren”, dann übernehmen Sie hier auch einen gesetzlichen Auftrag entweder nach Leistungserbringung im SGB V, XI o.a.
    Das heißt, dass Sie einen Teil zur Daseinsvorsorge unserer Gesellschaft erbringen. Hier finanzieren alle gesetzlichen Versicherten solidarisch mit! Pflegefachpersonen sind Mitglieder eines nicht-ärztlichen Heilberufes und nicht nur Dienstleister. Anderes Beispiel: eine Hebamme, die Ihre zu betreuende Wöchnerin anzufahren hat, ist auch Mitglied eines Heilberufes. Beim Mediziner wäre es eh unhinterfragt, dass der durchfahren kann. Wenn sich die Stadt darauf hinausreden will, dass man hier keine Ausnahme genehmigen will, sollte sie sich erstmal gut beraten lassen.
    Über kurz oder lang werden die Städte und Kommunen hoffentlich auch gesetzlich verpflichtet werden, dass sie sich um diese pflegerische Daseinsvorsorge in den Quartieren annehmen. Dann wird man sowieso den nächsten Offenbarungseid zu sehen bekommen.

    Wir sehen in dieser Stadt dafür Prioritäten, die vollkommen an der Lebenswelt von Menschen vorbei gehen, die auf den öffentlichen Raum und Strassenverkehr angewiesen sind. Da werden vom Ordnungsamt Radfahrer mit hanebüchenen Begründungen im Stadtpark kontrolliert und Bußgelder verhängt. Das Argument, dass die Prüfeninger Strasse derzeit ein Risiko für Radfahrer darstellt, wird nicht gelten gelassen. Statt dessen wird die längst geschlossene KiTa als Argument angeführt. Die Stadt (wer sich auch immer hier angesprochen fühlen mag) sollte sich einfach was schämen!

  • Hthik

    |

    @Oleg 27. Juli 2023 um 22:13

    “Allgemein sollte man sich als Stadt halt auch einmal Gedanken über die völlig unterdimensionierte Streckenführung ohne wirkliche Ausweichmöglichkeiten machen.”

    Unterdimensioniert in Relation zum überdimensionierten Individualverkehr. Muss ich mich, wenn ich nicht wesentlich mehr zu transportieren habe, als mich selbst, wirklich dazu in einen Blechkasten setzen, der vier Sitze hat und gut das Zehnfache von mir wiegt? Das ist eine Frage, die und der sich jedeR stellen muss. Ich sehe immer noch keinen Grund, die Betreiber von Pflegediensten davon auszunehmen.

  • Dr. Bernhard Babic

    |

    Sehr geehrte(r) Hthik,

    zwar kann ich mir eigentlich nicht vorstellen, dass Sie Ihre Äußerungen wirklich ernst meinen. Ich will Ihnen aber trotzdem versuchen, sachlich zu veranschaulichen, warum Pflegedienste auf Pkws angewiesen sind und warum beim sogenannten Individualverkehr (und somit auch bei Ausnahmegenehmigungen bei innerstädtischen Straßensperrungen) entsprechend differenziert werden sollte.

    Zum einen Beschäftigen wir keine Leistungssportler, sondern ganz normale Menschen aller Alterstufen, die pro Tour täglich 30 bis 40 Km zurücklegen müssen und dabei wenigstens 15 bis 20 körperlich und psychisch oft sehr anstrengende Einsätze absolvieren. Dieses Pensum ist mit relativ dünner Personaldecke 365 Tage im Jahr und 7 Tage pro Woche im Schichtdienst zu absolvieren, ohne Rücksicht darauf ob es regnet, schneit oder ob es draußen gerade 30 Grad im Schatten hat. Zum anderen wird ambulante Pflege letztlich im Akkord erbracht, weil die Gesellschaft (analog zu den Fallpauschalen in den Kliniken) nicht bereit ist, ausreichend Mittel für eine andere, humanere ambulante Versorgung zur Verfügung zu stellen.

    Es ließen sich noch viele weitere Gründe anführen. Wenn Sie sich aber von den bereits genannten Argumenten nicht überzeuegn lassen, dass z.B. Fahrräder, E-Bikes oder auch Motorroller keine geeigneten Alternativen für Pkws in der ambulante Pflege sind und weiterhin unterstellen, dass Pflegedienste nur aus Bequemlichkeit oder aus innerer Verbdundenheit mit der Automobilindustrie damit in der Stadt herumfahren, dann fürchte ich, bringt eine umfangreichere Aufzählung auch nichts.

    Zudem bitte ich im Zusammenhang mit unserem Anliegen, die Nibelungenbrücke auch während der Sanierungsarbeiten zu nutzen, zu bedenken, dass es für die Streckenplaner des RVV unzumutbar war, für ‘nur’ vier Wochen ihre Linienführungen entsprechend abzuändern und bei den Bussen entsprechend längere Fahrzeiten in Kauf zu nehmen. Pflegedienste und Patienten müssen das aber nun hinnehmen. Auf den daraus folgenden Defiziten werden die wirtschaftlich sowieso schon stark unter Druck stehenden Pflegedienste jetzt also zusätzlich sitzen bleiben.

    Oder schlagen Sie vor, wir sollten die nun defizitären Einsätze für die nächsten vier Wochen absagen? Würden Sie dann die Pflege der davon betroffenen Patienten übernehmen? Die Zeit für eine entsprechende Einarbeitung wäre zwar knapp, aber wir können es gerne versuchen, sofern Sie über eine qualifizierte Pflegeausbildung verfügen.

    Mit freundlichen Grüßen,
    Bernhard Babic

  • Hthik

    |

    @Pflegewissenschaft 28. Juli 2023 um 14:08

    “@Oleg: ganz so einfach ist es nicht, Pflegeunternehmen einfach mit sonstigen Unternehmen (Handwerker etc.) gleichzusetzen.”

    Weil der Klempner schweres Werkzeug und Material transportieren muss.

    “Wenn Pflegedienste Menschen mit Pflegebedarf “anfahren”, dann übernehmen Sie hier auch einen gesetzlichen Auftrag entweder nach Leistungserbringung im SGB V, XI o.a.”

    Der nicht angenommen Pfllegeverfassungbeschwerde verdanken wir die Erkenntnis, dass sich der unzureichend Gepflegte selbst wehren muss.

    “Gegenüber grundrechtswidrigen Pflegemaßnahmen ist um fachgerichtlichen Rechtsschutz zu ersuchen.”

    Kann man für bescheuert halten, ist aber so. Muss eben so ausgelegt werden, dass der Gepflegte das auch tatsächlich kann, wenn es von ihm gefordert wird. In dem Fall, der hier interessiert, das eine zustehende und bezahlte Pflege vom Pflegedienst nicht erbracht wird dürften das die Zivilgerichte sein. Der unzureichend Gepflegte wendet sich an diese gegen den Pflegedienst. Ja, ist das denn nicht verfassungswidrig? Der wird doch häufig viel zu alt, krank, etc dazu sein? Nun, dann hat er vielleicht einen Anwalt, Bevollmächtigten, Betreuer etc. der das erledigt. Nicht? Auch kein Problem. Hier kommt die sozialgerichtliche Rechtsprechung zu Hilfe. Der Verweis auf Selbsthilfe muss zumutbar sein. Ist er das nicht, besteht eine Anspruch auf Hilfe hierzu.

    “Es bedarf unter Berücksichtigung der Dauer und der nicht einzuschätzenden Erfolgsaussicht eines zivilrechtlichen Rechtsstreites der Prüfung, ob die Antragstellerin zumutbare Selbsthilfemöglichkeiten ausgeschöpft hat und inwieweit der Antragsgegner zu einer Beratung und Hilfestellung verpflichtet war …. . Denn der Grundsicherungsträger muss dafür Sorge tragen, dass dem erwerbsfähigen Leistungsberechtigten nur ein solches Maß an Mitwirkung abverlangt wird, das objektiv und subjektiv zumutbar ist. Dem entspricht es nicht, einen Leistungsberechtigten, dem es regelmäßig an Erfahrung auf dem Gebiet des zivilgerichtlichen Eilrechtsschutzes fehlt, pauschal und ohne das Angebot von (ggf. auch rechtsanwaltlicher) Beratung und Hilfestellung auf diese besondere Form des gerichtlichen Rechtsschutzes zu verweisen” LSG NRW, L 7 AS 1716/11 B vom 22.02.2012

    Alles schön geregelt in unserem Rechts- und Sozialstaat. Gar kein Problem.

    “Da werden vom Ordnungsamt Radfahrer mit hanebüchenen Begründungen im Stadtpark kontrolliert und Bußgelder verhängt.”

    Das trägt für mich jetzt nichts zur Erhellung der Frage, ob Pflegedienste auf ein Auto angewiesen sind, bei. Dass die Lage von Fußgängern, Radlern und ÖPNV problemfrei ist, wird keiner behaupten wollen, aber das betrifft nicht nur oder besonders Pflegedienste.

    Da ich jetzt schonmal damit angefangen habe zuzugeben, dass es auch sinnvolle und wohlüberlegte sozialgerichtliche Rechtsprechung gibt, hier noch ein solcher isolierter Punkt

    “Das Autofahren bzw der Besitz eines eigenen Pkw zählen zwar heute zum normalen Lebensstandard und sind Ausdruck des inzwischen erlangten allgemeinen Wohlstandsniveaus, doch gehört es nicht zu den Aufgaben der GKV, generell die Benutzung eines Pkw durch eine behinderungsgerechte Umrüstung zu ermöglichen. … es sind nicht die konkreten Wohn- und Lebensverhältnisse eines einzelnen Versicherten entscheidend, sondern die Tatsache, dass in einem städtischen Nahbereich grundsätzlich Ärzte, Apotheken und Therapeuten vorhanden und erreichbar sind. …. Ein Ausgleich für die individuell gestalteten Wohn- und Lebensverhältnisse eines Versicherten sowie für die Folgen der Ausübung des Rechts auf freie Arzt- und Therapeutenwahl wird von der GKV hingegen nicht geschuldet.” B 3 KR 9/06 R vom 19.04.2007

    Das ist mal ein hartes Urteil, dem man, nicht mit Begeisterung, aber im Grundsatz noch zustimmen kann. Jeder wird von der Krankenkasse behandelt wie ein Städter. Lebst Du auf dem Land und brauchst wegen deiner Behinderung ein Auto, um zum Arzt zu kommen, kannst Du es ja auf deine Kosten behindertengerecht umbauen lassen. Dir reicht das Geld nicht? Du hast keins? Fahr mit ÖPNV oder kauf dir eins. Dir reicht dafür das Geld erst recht nicht? Da hast Du den Falschen verklagt. Für Bedürftigkeit sind die Grundsicherungsträger zuständig. Die erklären dir, wie Du zum Arzt kommst.

    Nur um mal ein bisschen eine Perspektive hier rein zubringen, für wen allen unser Staat ein Auto zum entbehrlichen Luxus zählt. Behindertenfreundlich ist diese Rechtsprechung nicht, aber das soll sie auch nicht sein. Ich will nicht bestreiten, dass es schwer ist, sich von Dingen, die superpraktisch sind, zu trennen. Aber die Alternative …

  • Hthik

    |

    @Dr. Bernhard Babic 28. Juli 2023 um 17:11

    “… zwar kann ich mir eigentlich nicht vorstellen, dass Sie Ihre Äußerungen wirklich ernst meinen.”

    Leider doch. Natürlich ist das echt doof, dass einige in diesem Staat im Geld schwimmen und sich ganze Autoflotten aus der Portokasse leisten können und dann sollen jetzt die kleinen Leute anfangen den Gürtel enger zu schnallen. Ich kann es aber nicht ändern.

    “… keine Leistungssportler, sondern ganz normale Menschen aller Alterstufen, die pro Tour täglich 30 bis 40 Km zurücklegen müssen und dabei wenigstens 15 bis 20 körperlich und psychisch oft sehr anstrengende Einsätze absolvieren.”

    Fährt man Bus, muss man sich nicht einmal um den Verkehr kümmern. Win win. Ich kenne Leute, die so bei Ihrer Arbeit von Einsatzort zu Einsatzort kommen. Das zählt nicht als Arbeitszeit, denn man kann ja tun, was man will.

    “Zum anderen wird ambulante Pflege letztlich im Akkord erbracht, weil die Gesellschaft (analog zu den Fallpauschalen in den Kliniken) nicht bereit ist, ausreichend Mittel für eine andere, humanere ambulante Versorgung zur Verfügung zu stellen.”

    Ich kann es nicht ändern.

    “Auf den daraus folgenden Defiziten werden die wirtschaftlich sowieso schon stark unter Druck stehenden Pflegedienste jetzt also zusätzlich sitzen bleiben.”

    Wenn die das können, passt es ja. Wenn nicht wird der Dienst eben insolvent. Das nächste Mal vielleicht besser vorbereiten, etwa nicht nur soviel Personal einstellen, dass jeder Engpass das Geschäftsmodell ins Wanken bringt.

    “Oder schlagen Sie vor, wir sollten die nun defizitären Einsätze für die nächsten vier Wochen absagen?”

    Das wäre nicht der erste Pflegedienst Deutschlands, der unwirtschaftliche Verträge kündigt.

    “Würden Sie dann die Pflege der davon betroffenen Patienten übernehmen?”

    Zuständig sind die Pflege-, ggf. Krankenkasse und der Grundsicherungsträger. An diese kann sich der Betroffene jederzeit wenden, wenn er Probleme hat, selbst die Versorgung sicherzustellen. Wussten Sie schon, oder?

  • Dr. Bernhard Babic

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    Sehr geehrte(r) Hthik,

    ich denke, Ihr Kommentar spricht für sich. Pflegen Sie weiter Ihre Eitelkeit. Wir kümmern uns um unsere Patienten.

    Mit freundlichen Grüßen.

  • da_Moartl

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    Die hochwürdige Frau Oberbürgermeisterin möge sich vielleicht am Tag der Pflege oder einem ähnlich symbolträchtigen Datum öffentlichkeitswirksam mit der gesamten Stadtverwaltung auf die Nibelungenbrücke für die Mittelbayerische postieren und den Pflegekräften Beifall klatschen…. Im Ernst: Es ist allmählich zum Kotzen (man kann es nicht barmherziger ausdrücken), was diese Stadtregierung respektive -verwaltung abliefern. Das Schlimme ist nur: Egal ob Maltz-Schwarzfischer oder Freudenstein – der Schwachsinn bleibt immer der Gleiche. Wer nur kann diesen Augias-Stall mal ausmisten?

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